Mittwoch, 16. April 2014

VERLORENE VERGANGENHEIT: BÜCHEREIKARTEN

gestern konnte ich mir endlich einmal stimme des herzens ansehen, einen jener japanischen anime filme aus dem studio ghibli, das mit filmen wie prinzessin mononoke, kikis kleiner lieferservice, chihiros reise ins zauberland, das wandelnde schloss und vielen weiteren für ihre details und wundervolle atmosphäre bekannt ist.

doch mir geht es hier jetzt nicht um die zeichentrickfilme, sondern um eine szene des films. in dieser szene erzählt der vater von shizuku, der weiblichen hauptfigur, der in in einer bücherei arbeitet, dass nun die leihkarten abgeschafft und durch strichcodes ersetzt werden. die tatsache, dass es diese leihkarten überhaupt gibt, die in jedem büchereibuch zu finden sind, auf denen eingetragen wird wer wann wie lange dieses buch bereits ausgeliehen hatte, ist in dieser geschichte übrigens von bedeutung, doch ich möchte nicht spoilern. beide drücken dann auch ihr bedauern über diese umstellung von karten auf strichcodes aus.


ich kann das absolut nachvollziehen. auch ich finde es schade, dass es diese leihkarten nicht mehr gibt. so eine leihkarte sagte ja auch ein wenig über das buch aus. man konnte durch die anzahl der ausleihenden sehen wie beliebt dieses buch ist, wie lange es schon in der bücherei existiert und vielleicht sogar, wenn man man die leute kannte, welche klientel sich dieses buch auslieh. zumindest konnte man das geschlecht der vorhergehenden leser bestimmen - auch daraus lassen sich nämlich die einen oder anderen rückschlüsse ziehen. heutzutage bekommt man jedes buch mehr oder weniger jungfräulich in die hand gedrückt und weiss nichts über dessen vorgeschichte. nicht dass es essentiell wichtig gewesen wäre, dennoch fehlt mir dadurch irgendwas.

aber ich wurde ja schon in jungen jahren auf diese situation vorbereitet. ich bin zwar österreicher, genauer gesagt tiroler, wuchs jedoch die ersten jahre in deutschland auf, und ging dort die ersten 5 jahre zur schule. nun gibt es einen sehr großen unterschied zwischen österreich und deutschland was das handling mit den schulbüchern angeht: in deutschland bekommt man das buch geliehen, in österreich bekommt man es geschenkt.

da man in deutschland das buch nur geliehen bekam und wieder zurückgeben musste, gab es auch für diese bücher ein äquivalent zur büchereikarte. es war zwar nicht wichtig wer welches buch hatte, denn es war sowieso klar welche bücher jeder schüler einer bestimmten schulstufe haben musste und dass jeder schüler jedes seiner schulbücher am ende des jahres wieder zurückgeben muss, es war jedoch wichtig zu wissen wem welches buch gerade gehörte und in welcher klasse er saß, falls mal eines irgendwo liegen blieb. darum wurden in die bücher entweder zettel eingeklebt in die man seinen namen eintrug, oder sie bekamen einen stempel mit zeilenraster.

so wurde jedes jahr die buchausgabe zum abenteuer. man fragte sich, ob man ein uralt-exemplar bekam, oder ob man das glück hatte ein neues unbenutztes zu bekommen. wenn man ein altes exemplar bekam studierte man natürlich erst einmal die namensliste der vorangegangenen buchbesitzer, denn in der regel kannte man ja seine mitschüler, bzw. auch jene, die schon älter waren. hin und wieder erwischten manche sogar das ehemalige exemplar ihrer älteren geschwister, da war das hallo dann groß. und am allerschönsten war es natürlich als allererster seinen namen in die liste eines neuen buches eintragen zu können. da riss man sich sogar zusammen und versuchte in schönschrift zu schreiben.

warum in österreich die bücher verschenkt werden, ist und war mir immer ein rätsel. man braucht das buch ja sowieso nie wieder. es gibt ja auch nicht jedes jahr neues schulmaterial, so dass jedes jahr aufs neue die bücher ausgetauscht werden müssten. so landen also jedes jahr nach dem ende des schuljahres tonnen von schulbüchern im altpapier. tja, offenbar hat österreich genug geld für bildung übrig. das ist zwar gut, aber trotzdem finde ich dieses system nicht gerade klug.

als ich nun von deutschland nach österreich umziehen musste und hier zur schule ging, bekam auch ich das erste mal in meinem leben einen stapel mit ausschließlich druckfrischen neuen schulbüchern überreicht. ehrlich gesagt überforderte mich das im ersten moment ein wenig, denn niemand hatte mich darauf vorbereitet und ich suchte vergebens nach den eingeklebten zetteln, bzw. stempeln um meinen namen einzutragen, bis mir endlich jemand erklärte, dass diese bücher nun für immer mir gehören. gleichzeitig gab es großes erstaunen, als ich erzählte, wie das in deutschland gehandhabt wird.

tja, so war das. und nun ist es mit den büchereikarten ähnlich.

ich habe übrigens noch 2 dieser büchereikarten! sie steckten in ehemaligen büchereibüchern, die zum verkauf freigegeben worden waren und die ich mir dann zulegte. sie wurden meiner ohnehin schon großen sammlung an lesezeichen hinzugefügt, so dass ich sie alle paar monate wieder sehe, bzw. benutze. nein, ich sollte ehrlich sein: bis ich mit den lesezeichen durch bin vergeht mindestens ein jahr.

gönnen wir uns nun eine gedenkminute für die aussterbende rasse der büchereikarten.

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